Interview mit Prof. Huland über das Faculty-System
"Prof. Huland, Sie haben das Faculty-System an der Martini-Klinik eingeführt. Was ist das?"
Prof. Huland: "Dieser Begriff bezieht sich auf die Struktur der ärztlichen Leitung einer Klinik und ist aus dem Amerikanischen übernommen. In dem typisch deutschen System gibt es einen Chefarzt, gefolgt von Oberärzten und Assistenzärzten. Oberärzte sind eine begrenzte Zeit in einer Klinik und lernen zu operieren, um sich dann nach dieser Ausbildung selber als Chef woanders zu bewerben. Das Faculty-System hingegen bindet begabte Operateure langfristig an eine Klinik. Bei uns sind es gleich zehn leitende Ärzte und Ärztinnen, die eine Lebenszeitposition in der Martini-Klinik gefunden haben."
"Und in wie weit profitieren dann Ihre Patienten von der Faculty?"
Prof. Huland: "Ein Faculty-System hat, bei einer komplizierten und komplexen Erkrankung, wie es das lokalisierte Prostatakarzinom ist, für den betroffenen Patienten sehr viele und große Vorteile. Der Eine ist, dass der Operateur, der an dieser Klinik bleibt und eben diese Tätigkeit über Jahre hinaus, bis an das Ende seines Berufslebens, durchführt, ein so genannter high-volume Chirurg ist. Dies bedeutet, dass er die Operation seines Spezialgebietes extrem häufig macht und seine Ergebnisse sehr gut kennt. Der einzelne Patient hat mithin also einen sehr erfahrenen Operateur. Der Zweite ist, dass sich jedes der Faculty-Mitglieder innerhalb dieses kleinen Gebietes des Prostatakrebses auf ein Subgebiet spezialisiert hat: Ein Kollege ist auf die Bildgebung bei der Vorsorgeuntersuchung spezialisiert und entwickelt diese weiter, der andere ist verantwortlich für die Neuentwicklungen beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom und so weiter. So besteht sehr viel Kompetenz im Team. Drittens hat der Patient nur eine einzelne, kompetente Person während des stationären Aufenthaltes als fachkundigen Ansprechpartner. Obwohl wir hier viele Operationen durchführen, bemerkt der einzelne Patient davon gar nichts: Er ist vor, während und nach der OP immer nur mit einer Person konfrontiert, anstatt durch verschiedene Ärzte betreut zu werden."
"Bedeutet das, dass Sie die Spitzenmediziner nur aufgrund der Faculty an einer Klinik zusammenbringen konnten?"
Prof. Huland: "Ich will es mal ein bisschen anders formulieren: Von den Oberärzten, die ich habe ausbilden dürfen, konnte ich, Gott-sei-dank, viele der Besten an die Martini-Klinik binden, sodass wir jetzt eine hohe Kompetenz hier im Hause halten können."
"Ist die Spitze erreicht oder soll die Faculty kontinuierlich weiter wachsen?"
Prof. Huland: "Wir werden inhaltlich wachsen: Wir erleben eine deutliche Entwicklung auf dem Gebiet der Bildgebung, auch die Therapie eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms ist deutlich bereichert worden und so geht es auch kontinuierlich weiter. Da spielen wir natürlich auch mit dem Gedanken, weitere begabte, engagierte Ärzte und Ärztinnen an unser Haus zu binden und die Faculty diesbezüglich zu erweitern."