Eine Klinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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Martini-Klinik

Robotik und OP-Pflege

Der Operationssaal der Zukunft ist keine Vision mehr, sondern Realität: Roboter, Künstliche Intelligenz und Hightech-Systeme haben die Art und Weise, wie chirurgische Eingriffe durchgeführt werden, grundlegend verändert. Doch hinter der Technologie steckt weit mehr als Maschinen – es geht um Menschen. Robotik im OP bringt nicht nur Innovation, sondern auch neue Herausforderungen und Chancen für alle, die für eine bestmögliche Patientenversorgung im OP sorgen – allen voran das Pflegepersonal. In einer Zeit, in der Fachkräftemangel und der Bedarf an effizienteren Prozessen aufeinandertreffen, wird die Symbiose aus Technologie und menschlicher Expertise zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

Robotik im OP klingt nicht mehr futuristisch, da sie längst Realität ist. Ein deutlich steigender Trend in der Anwendung ist weltweit sowie auch in Deutschland erkennbar. Vom ersten Prototypen in den 1980er Jahren bis hin zu den aktuellen hochmodernen Systemen hat sich viel verändert.

Umsatz der Medizinservice-Robotik weltweit, USA und Deutschland; Quelle: Statista Market Insights, März 2024

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Kathi Ehlert
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Dieser Text ist erschienen im KU Gesundheitsmanagement 2/2025.
Autorin Kathi Ehlert

Heute steht Präzision im Fokus: winzige Schnitte, weniger Operationstrauma, weniger Schmerzen. Klingt fantastisch, ist es auch – aber nur, wenn die OP-Teams perfekt vorbereitet sind. Die Entwicklung von OP-Robotern war nicht nur eine technische, sondern auch eine medizinische Revolution. Doch auch in einer Ära der Automatisierung bleibt der Mensch unverzichtbar: Die Steuerung und Verantwortung für den Eingriff liegen weiterhin bei den Operateurinnen und Operateuren und Robotik wird inzwischen in den verschiedensten Fachrichtungen angewendet. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die OP-Pflege, die sich an diese neuen Anforderungen anpassen muss. Von der Positionierung der Patientinnen und Patienten über die technische Überwachung der Roboter intraoperativ bis hin zur Nachsorge: Pflegekräfte sind unverzichtbare Schlüsselfiguren. Allerdings hat sich der Alltag im OP gewandelt. Es braucht neue Fähig- und Fertigkeiten, ein hohes Maß an Flexibilität sowie die Bereitschaft, sich auf neue Technologien einzulassen. Gleichzeitig entstehen neue Chancen, einen innovativen und interessanten Arbeitsplatz für Pflegefachkräfte im OP zu gestalten.

Ein zentraler Punkt ist die fortlaufende Entwicklung von KI-gestützter Robotik. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, komplexe chirurgische Eingriffe zu analysieren und Empfehlungen in Echtzeit zu geben. Dies erfordert jedoch auch eine Anpassung der Pflegeausbildung, um Pflegekräfte auf den Umgang mit KI-Systemen vorzubereiten. Zusätzlich gewinnen Themen wie Datensicherheit an Bedeutung, da moderne OP-Roboter oft vernetzt sind und sensible Patientendaten verarbeitet werden.

Veränderungen im OP-Ablauf durch Robotik

Eine Klinik, die auf OP-Robotik setzt, braucht eine klare Vision und vorausschauende Planung. Neben der Investition in die Anschaffung des Systems und dessen Wartung sowie der Materialbeschaffung stehen vor allem praxisnahe Trainings für das Team im Fokus. Gleichzeitig müssen Logistik und Infrastruktur passen: Großflächige OP-Säle mit perfekt abgestimmten Ver- und Entsorgungsprozessen und beispielsweise ausreichender Bildübertragung, die von allen Beteiligten gut einsehbar ist. Flexible, prozessoptimierte Strukturen, die sich an bauliche Gegebenheiten anpassen, sind nicht nur entscheidend für einen reibungslosen Ablauf, sondern auch für die langfristige Bindung und Gewinnung von Fachkräften – und damit für die Zukunftsfähigkeit der Klinik.

Zusammenarbeit zwischen Operateuren und OP-Pflege

Die Zusammenarbeit zwischen Operateuren und OP-Pflege ist das Herzstück eines erfolgreichen robotergestützten Eingriffs. Hier treffen technisches Know-how und präzise Handgriffe auf organisatorische Perfektion und vorausschauendes Handeln. Pflegekräfte sind nicht nur Assistenten; sie sind aktive Partner im gesamten Prozess. Hier liegt ein elementarer Punkt in der Zufriedenheit von Mitarbeitenden.

  1. Vorbereitung und Planung: Bereits vor der Operation beginnt die Kooperation. Operateure und OP-Pflege besprechen den Eingriff, die benötigten Instrumente und die optimale Platzierung des Roboters. Pflegekräfte stellen sicher, dass alle technischen Systeme korrekt eingerichtet sind, und klären letzte Details mit dem Chirurgen oder der Chirurgin.
  2. Während der Operation: Während der Chirurg die Steuerung des Roboters übernimmt, instrumentiert und springt das Pflegepersonal nach einem vorgegebenen Ablauf und reagiert schnell auf unerwartete Situationen. Eine präzise Kommunikation zwischen Operateur und Pflegefachkräften ist hier entscheidend. Klare Ansagen und ein eingespieltes Team minimieren potenzielle Komplikationen.
  3. Nachbereitung: Nach dem Eingriff tragen Operateure und Pflegekräfte gemeinsam die Verantwortung für die Nachsorge der Patienten. Das Pflegepersonal kümmert sich außerdem um die Versorgung des Instrumentariums sowie der robotischen Systeme und stellt sicher, dass die Dokumentation des Eingriffs vollständig ist.
    Diese intensive Zusammenarbeit erfordert gegenseitigen Respekt und ein tiefes Verständnis der jeweils anderen Aufgaben. Schulungen und Simulationen können helfen, die Teamarbeit zu stärken und die Abläufe weiter zu optimieren.
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Zusammenarbeit zwischen Operateur und OP-Pflege mit OP-Robotik; Quelle: Martini-Klinik, Hamburg, 2024

Versorgung mit Materialien und Lagerflächen

Die Einführung von OP-Robotik bringt nicht nur Änderungen in den Arbeitsabläufen mit sich, sondern stellt auch neue Anforderungen an die Versorgung mit Materialien und die Organisation von Lagerflächen. Roboterassistierte Chirurgie erfordert spezielle Instrumente und Verbrauchsmaterialien, die teilweise deutlich mehr Platz und Pflege benötigen als herkömmliche OP-Ausrüstung.

  1. Materialvielfalt und -anforderungen: Die komplexen robotischen Systeme benötigen spezifische und oft empfindliche Materialien, wie z. B. Kamerasysteme, spezielle Endoskope und Einwegartikel für die robotischen Arme. Das OP-Pflegepersonal muss sicherstellen, dass diese Materialien in einwandfreiem Zustand vorliegen und gemäß den Hygienevorgaben gelagert werden. Hierfür sind Schränke mit extra breiten Lagerungsflächen notwendig.
  2. Logistik: Der rechtzeitige Nachschub von Verbrauchsmaterialien ist entscheidend. Fehlende oder defekte Komponenten können den Operationsablauf erheblich verzögern. Eine enge Abstimmung zwischen OP-Pflege, Logistikabteilung und Lieferanten ist notwendig, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Um die Verfügbarkeit von Einmalmaterialien und Robotikinstrumenten zu sichern, kann ein entsprechendes Backup Lieferengpässe überbrücken.
  3. Optimierung der Lagerflächen: Durch die zusätzlichen Anforderungen der Robotiksysteme muss die Positionierung der medizintechnischen Geräte im OP-Saal optimiert werden, da diese ausreichend Platz benötigen. Außerdem müssen die verschiedenen Kabel zwischen den einzelnen Robotikelementen so verlegt werden, dass sie den Prozess nicht behindern.
  4. Dokumentation und Inventar: Ein Modernes Inventarsystem kann helfen, den Überblick über die verfügbaren Materialien und deren Zustand zu behalten. Pflegekräfte und auch Pflegehilfskräfte können geschult werden, um solche Systeme zu nutzen und so den Materialfluss zu optimieren.
  5. Nachhaltigkeit: Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit. Die große Anzahl an Einwegmaterialien, die für robotergestützte Eingriffe benötigt werden, stellt eine Herausforderung dar. Der Fokus sollte auf wiederaufbereitbaren Materialien und Instrumenten liegen, um zur Minimierung von Abfall beizutragen.

Rolle der OP-Pflege beim Einsatz der Robotik

Pflegekräfte sind die oft unsichtbaren Helden hinter den Erfolgen der OP-Robotik. Sie sorgen für einen reibungslosen Start und Ablauf. Hightech bedienen, Sicherheit gewährleisten und die perioperativen Abläufe ideal gestalten – all das gehört zu ihrem Aufgabenbereich. Robotik im OP ist Teamarbeit und die Pflegekräfte sind der Motor, der alles am Laufen hält.

Herausforderungen für das Pflegemanagement

 Die OP-Robotik ist ein Gamechanger, aber sie bringt auch Herausforderungen mit sich. Der Fachkräftemangel trifft die Pflege hart – und im OP-Bereich umso mehr. OP-Robotik bringt zwar Effizienz, aber auch neue Anforderungen mit sich. Zusätzliche Schulungen, steigende Kosten und eine hohe Verantwortung für technische Abläufe sind Herausforderungen, die das Pflegemanagement meistern muss. Der Druck steigt – doch mit der richtigen Strategie wird er zur Chance.

Prognose zu Bedarf und Angebot an Pflegekräften in Deutschland nach Szenario in den Jahren 2024 bis 2049 (in Millionen); Quelle: Statistisches Bundesamt, 2024

Chancen und Vorteile der OP-Robotik

Eine wichtige Strategie ist die Einbindung von interprofessionellen Teams, um sowohl technische als auch pflegerische Aufgaben zu optimieren. Ein regelmäßiger Austausch zwischen Operateuren und OP-Pflege trägt zur Weiterentwicklung bei. Gemeinsame Schulungen und Trainings von Notfallszenarien sorgen für eine Plattform, währenddessen beide Professionen voneinander profitieren können. Hierbei steht immer das Ziel der bestmöglichen Patientenversorgung im Fokus. Bedarfe und Möglichkeiten im vorhandenen Arbeitsrahmen können nicht nur optimiert und erweitert werden, sondern es entsteht darüber hinaus eine gegenseitige Akzeptanz zwischen beiden Professionen. Jahrelange Erfahrungen der OP-Pflege können in die Prozessoptimierung einfließen und Operateure gerade in der OPRobotik unterstützen. Diese Zusammenarbeit gibt Kreativität den Raum für Lösungen. Ein Verstehen des jeweiligen Vorgehens der anderen Berufsgruppe unterstützt einen wertschätzenden Umgang miteinander.

Ein weiterer Vorteil ist die Einbindung von ausreichend geschulten Mitarbeitenden der OP-Pflege in die Robotik. Einerseits muss die roboterassistierte Operation mit dem entsprechenden Fachpersonal durchgeführt werden können, andererseits sichert ein ausreichend großer Pool an eingewiesenen Fachkräften die Durchführung der Operationen. Ablauftrainings und Doppelbesetzungen für Einarbeitungen mögen die Personalplanung an ihre Grenzen bringen, allerdings sind sie eine zwingend erforderliche Investition in die Zukunft. Es werden keine elitären Grüppchen, sondern starke und sich gegenseitig unterstützende Teams gebildet. Für die Personalplanung in der OP-Robotik bedeutet es von Tag 1 an, dass Schulungen durch die Anbieter gemeinsam mit den Operateuren und den OPPflegekräften durchgeführt werden. Jede Möglichkeit der externen und internen Fortbildung wird koordiniert und Abläufe nach Bedarf trainiert. Die Sicherheit im Umgang mit der Robotik durch die OP-Pflege dient der geforderten Patientensicherheit. Zusätzlich erreichen die Fachkräfte eine entsprechend hohe Expertise, die zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz beiträgt. Werden Mitarbeitende in die neue OP-Technik eingebunden und nicht außen vor gelassen, wird Wertschätzung empfunden und die Identifikation mit dem Arbeitgeber gefördert. Die Übertragung von einzelnen Verantwortlichkeiten unterstützt die OP-Leitung in ihren Aufgaben. Warum sollte die Expertise der OP-Pflegefachkräfte nicht genutzt werden Die Organisation von Wartungs- oder Reparaturarbeiten an den Systemen kann beispielsweise von speziell geschulten Gerätebeauftragten übernommen werden. Klare Zuständigkeiten und gegenseitiges Vertrauen tragen dazu bei, Prozesse effizienter zu gestalten und Verantwortlichkeiten transparent zu machen. Innovative Technik und ein interessantes Arbeitsumfeld, in dem alle Mitarbeitenden ihre Ideen einbringen können, reduzieren Kündigungen. OP-Robotik kann für das Pflegepersonal weniger physische Belastung, effizientere Abläufe und eine neue Attraktivität des Berufs bedeuten. Die Technologie zieht technikaffine Talente an und zeigt, dass Pflegeberufe modern und zukunftsorientiert sind. Auch langfristig bieten robotergestützte Systeme die Möglichkeit, standardisierte Abläufe weiter zu automatisieren und Ressourcen effizienter zu nutzen.

Empfehlungen des Deutschen Ethikrates zum Einsatz von OP-Robotik

Technologie allein reicht nicht. Der Deutsche Ethikrat hat klare Empfehlungen ausgesprochen. Für die Patientensicherheit muss die Technologie sicher und transparent sein. Die Patienten müssen verstehen, was OP-Robotik bedeutet, Chancen und Risiken inklusive. Gesundheitseinrichtungen sollten bereits bei ihrer baulichen Planung und in ihren Leitbildern den Einsatz robotischer Techniken sowie deren Entwicklungsdynamik beachten. Der Ethikrat fordert außerdem, dass die Ausbildung von medizinischem Personal die neuen Anforderungen der Robotik berücksichtigt.

Zukunftsperspektiven und Fazit

Wie sieht der OP der Zukunft aus KI könnte eine noch größere Rolle spielen, von der Analyse bis zur Entscheidungsfindung. Das bedeutet aber nicht das Ende der Pflegekräfte – im Gegenteil. Sie werden zu Technologieexperten und bleiben die Verbindung zu den Patienten. Das Pflegemanagement sollte deshalb schon heute in Bildung, Training und die Förderung der Attraktivität des Pflegeberufs investieren, um für morgen bereit zu sein. Die OP-Robotik ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung. Sie fordert uns heraus, lässt uns aber auch wachsen. Pflege und Robotik gemeinsam haben das Potenzial, die Medizin sicherer, interessanter und effektiver zu machen. Die Kombination aus Innovation und Teamarbeit ist der Schlüssel, um die Vorteile der Robotik nachhaltig zum größtmöglichen Patientennutzen einzusetzen.