Eine Klinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Arzt der Martini Klinik bei der OP

Salvageprostatektomie

Die Bestrahlung von außen (perkutane Strahlentherapie) und die Brachytherapien sind Standardtherapien in der Behandlung des Prostatakarzinoms. Wie bei jeder Form der Therapie des Prostatakarzinoms kann es jedoch, abhängig vom initialen Tumorstadium, zu einem Wiederauftreten der Tumorerkrankung - auch nach Jahren - kommen. In dieser Situation spricht man von einem Tumorrezidiv. Es stellen sich Patient und Arzt die Frage, ob eine weitere Therapieoption mit heilendem Ansatz zur Verfügung steht.

Wann liegt ein Tumorrezidiv nach Bestrahlung vor?

Per Definition liegt ein Tumorrezidiv vor, wenn es zu einem signifikanten Anstieg des PSA-Wertes nach Strahlentherapie kommt.  In einer internationalen Konsensuskonferenz der American Society for Therapeutic Radiology and Oncology (ASTRO) wurden die sogenannten „Phoenix-Kriterien“ festgelegt. Danach liegt ein PSA-Rezidiv vor, wenn der PSA-Wert mindestens 2 ng/ml über den Nadir nach Strahlentherapie steigt.

Wann kann eine Salvageoperation sinnvoll sein?

Bei frühzeitiger Diagnose des Lokalrezidivs kann eine Operation im Einzelfall sinnvoll sein. Allerdings zeigt der steigende PSA-Wert nach Bestrahlung nicht an, ob das Tumorrezidiv nur in der Prostata aufgetreten ist oder ob es bereits zu einer Tumorstreuung außerhalb der Prostata (Metastasen) gekommen ist. Im Falle einer Tumorstreuung ist eine Operation der Prostata in der Regel nicht sinnvoll - hier wird meist die medikamentöse Therapie (Hormontherapie) eingesetzt. Handelt es sich um ein Lokalrezidiv und können Metastasen ausgeschlossen werden, kommt eine Operation prinzipiell als Therapie in Frage. Nach Schätzungen liegt bei 20 % der Patienten mit einem PSA-Rezidiv nach Strahlentherapie dann wirklich nur ein Lokalrezidiv vor.

Martini-Klinik

Durch dieses Thema begleitet Sie

Prof. Dr. Hans Heinzer
Mitglied der Faculty

Welche Untersuchungen sind vor einer Salvageoperation notwendig?

Primär muss durch eine Prostatabiopsie nachgewiesen werden, dass in der Prostata aktive Krebszellen vorliegen. Die Erfahrung zeigt, dass eine Prostatabiopsie auch nach Bestrahlung ohne erhöhtes Risiko durchführbar ist. Zum Ausschluss von Metastasen erfolgt in der Regel eine Untersuchung mittels Knochenszintigraphie und CT/MRT. Eine Metastasierung ist allerdings nicht hundertprozentig auszuschließen, da mikroskopisch kleine Metastasen auch durch diese schon sehr genaue Untersuchungsmethoden nicht erfasst werden können. Die Untersuchungen sollten auch ausschließen, dass der Tumor in die Umgebung, z.B. Blase und Enddarm, eingewachsen ist. Zusätzlich wird die Funktion des Schließmuskels und der Blase überprüft. 

Wie sehen die Heilungschancen nach der Salvageoperation aus?

Bei sehr genauer Auswahl der Patienten, bei denen eine Salvageoperation in Frage kommt, ist auch eine Heilung durch die Operation erreichbar, kann aber nicht garantiert werden. Bisher gibt es nur wenige umfangreiche Untersuchungen, die die Therapiechancen nach Salvageoperation untersucht haben. Direkte Studien mit einem Vergleich der Operation mit z.B. einer Hormontherapie als Alternativtherapie gibt es bisher nicht. Nach den bisherigen Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass bei 47 – 82 % der Patienten 5 Jahre nach Salvageoperation der PSA-Wert nicht mehr nachweisbar ist. Man hat ebenfalls beobachtet, dass bestimmte Faktoren mit einem besseren Therapieergebnis der Operation verknüpft sind. Dazu gehören ein niedriger PSA-Wert (< 10 ng/ml) und ein Gleason-Score ≤ 7 in den Biopsien vor der Bestrahlung. Ein Gleason-Score ≤ 7 in der Biopsie und ein langsamer PSA-Anstieg nach Strahlentherapie zählen auch zu den günstigen Faktoren.

Welche Risiken bestehen bei einer Salvageoperation?

Die Salvageoperation hat einen erhöhten Schwierigkeitsgrad, da das Gewebe durch die Bestrahlung stark verändert sein kann. Deswegen empfehlen die Leitlinien, dass die Operation nur durch erfahrene Operateure durchgeführt werden sollte. Die Ärzte der Martini-Klinik führen diese Art von Operation seit vielen Jahren mit großer Erfahrung durch. 

Die Komplikationsrate der Salavageoperation ist höher als bei einer primären Operation, aber bei den meisten Patienten mit akzeptablen funktionellen Ergebnissen durchführbar. Da sehr häufig eine nervschonende Operation nicht mehr durchführbar ist, müssen die Patienten mit dem Verlust der Erektionsfähigkeit rechnen. Bei vielen Patienten ist die Erektionsfähigkeit aber bereits durch die Bestrahlung erheblich eingeschränkt. Die Rate an Patienten mit einer bleibenden Inkontinenz ist ebenfalls etwas erhöht, die Ausprägung der Inkontinenz ist aber meist nur geringgradig. Die eigenen Ergebnisse zeigen, dass ca. 85 % unserer Patienten nach einer Salvageoperation kontinent bleiben. Durch die stärkere Vernarbung des Gewebes können vermehrt Engstellen im Anastomosenbereich und Verletzungen des Enddarmes vorkommen.

Welche Operationstechnik wird angewendet?

Meist wird aufgrund der besonderen Verhältnisse nach einer Bestrahlung die offene Operation durchgeführt. Prinzipiell ist aber auch eine minimal-invasive, roboterassistierte Operation möglich. Die Entscheidung über Operationstechnik wird individuell in einem ausführlichen Beratungsgespräch mit dem Patienten getroffen.

Ist eine Salvagetherapie auch nach anderen primären Therapien außer der Strahlentherapie möglich?
Auch nach vorangegangenen Therapien wie HIFU, Kryo-, Laser- oder Thermotherapie bei Prostatakarzinom ist eine Salvageoperation prinzipiell möglich. Die Kriterien entsprechen weitgehend denen nach Strahlentherapie. Da hierzu insgesamt weniger Erfahrungen und Daten zu den Risiken und Chancen vorliegen, ist eine individuelle Beratung notwendig.

Fazit

Die Salvageoperation ist eine mögliche Therapieoption, wenn nach vorangegangener Strahlentherapie ein Wiederauftreten des Tumors in der Prostata (Lokalrezidiv) nachgewiesen wurde und eine Streuung des Tumors außerhalb der Prostata ausgeschlossen werden konnte. Dabei müssen die Risiken und Chancen der Operation für jeden Patienten sehr genau abgewogen werden. Dies setzt eine umfangreiche Beratung durch den behandelnden Urologen voraus, ob alle notwendigen Kriterien für eine Operation erfüllt sind. Durch die Vorschädigung des Gewebes durch die Bestrahlung sind die Komplikationen der Salvageoperation etwas höher als bei einer primären Operation. In erfahrenen Zentren wie der Martini-Klinik ist die Komplikationsrate aber nur gering erhöht. Die Salavageoperation ist prinzipiell nach individueller Abschätzung auch nach anderen Therapien wie HIFU, Kryo-, Laser- oder Thermotherapie bei Prostatakarzinom möglich. Die Ärzte der Martini-Klinik stehen gerne für ein ausführliches Beratungsgespräch zur Verfügung.


Literatur

September 2020 / The Lancet: Adjuvante vs. frühe Salvage-Bestrahlung nach radikaler Prostatektomie
Die Ergebnisse der Studie unterstützen die Empfehlung einer PSA-gesteuerten Nachsorge mit früher Salvage-Strahlentherapie für das PSA-Rezidiv für viele Patienten nach radikaler Prostatektomie.