Eine Klinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Gamma­sonden­gesteuerte Lymph­knoten­entfernung

Prostatakrebs-Metastasen in umliegenden Lymphknoten sind häufig so klein, dass sie mit herkömmlichen Bildgebungsmethoden wie der MRT oder CT nicht sicher identifiziert werden können. Mit neuen Methoden gelingt es besser als bisher, selbst sehr kleine Metastasen und von Prostatakrebszellen befallene Lymphknoten zu identifizieren – und dann auch erfolgreich zu behandeln. Voraussetzung hierfür ist ein ansonsten für den Menschen unschädliches „Kontrastmittel“, das sich im Tumorgewebe anreichert und Metastasen radioaktiv markiert.

Ein „Kontrastmittel“ macht die Tumorzellen sichtbar

Bei der sogenannten PSMA-PET Untersuchung macht man sich hierfür das Protein PSMA (Prostataspezifische Membranantigen) zunutze, das im gesunden menschlichen Organismus nur sehr selten vorkommt, an der Oberfläche von Prostatakrebszellen jedoch gehäuft auftritt. Als „Kontrastmittel“ wird ein Radioligand verwendet, der sich an das PSMA anheftet und damit die Prostatakrebszelle radioaktiv markiert. In der Positronen-Emissions-Tomographie können nun die Strahlung aussendenden Metastasen sichtbar gemacht werden. Der Arzt kann auf diese Weise die genaue Lage und Größe des bösartigen Gewebes bestimmen und die Operationsplanung dadurch optimieren. 

Martini-Klinik

Durch dieses Thema begleitet Sie

Prof. Dr. Tobias Maurer
Mitglied der Faculty

Die PSMA-radioguided Surgery

Allerdings ist es nicht unbedingt einfach, tumorbefallene Lymphknoten während der Operation aufzuspüren. Hierfür konnten Wissenschaftler PSMA-Radioliganden entwickeln, die sich intraoperativ nutzen lassen. Bei der PSMA-radioguided Surgery kann nun die Strahlung im Gewebe mittels einer Gammasonde ähnlich wie ein Geigerzähler gemessen werden. Die Gammasonde gibt entsprechende Signale ab, je näher sie dem befallenen Gewebe kommt. Für den Chirurgen ist dies eine große Hilfe: Auf diese Weise können wir gezielt die tumorbefallenen Lymphknoten identifizieren und sicherstellen, dass wir diese auch entfernt haben.

PSMA-radioguided Surgery Ablauf
Mögliche Krebszellen werden getestet

Während der Operation zeigt ein schnelles und gut vernehmbares „Tackern“ an, wenn sich der Operateur mit der Sonde krebsbefallenem Gewebe nähert. Auch außerhalb des Körpers kann der Krebsbefund nachgemessen werden wie hier im Bild: Das Messgerät zeigt 136 „Zerfälle“ pro Sekunde an – ein stark positiver Befund.

Martini-Klinik

PSMA-radioguided surgery

Das akustische Signal für einen positiven Befund ist gut zu hören.

9 Sekunden

Die robotische minimal-invasive PSMA-radioguided Surgery

Inzwischen konnten auch kleine Gammasonden entwickelt werden, die im Rahmen einer roboterassistierten Operation genutzt werden können. Die robotische PSMA-radioguided Surgery wurde weltweit erstmals 2018 an der Martini-Klinik durchgeführt (damals noch mittels eines Prototypen) – seit 2021 können wir aber in der Routine die PSMA-radioguided Surgery im Rahmen einer minimalinvasiven Operation anbieten – wiederum als eines der weltweit ersten Zentren.

Für wen ist die Radioguided Surgery eine Option

Nach eigenen bisherigen Erfahrungen eignen sich vor allem solche Patienten, die folgende Charakteristika aufweisen:

  • Guter allgemeiner Gesundheitszustand, wenig Begleiterkrankungen
  • längere Lebenserwartung 
  • Möglichst nur solitärer Befund im Beckenbereich im PSMA-PET/CT
  • Möglichst ein noch wenig wieder angestiegener PSA-Wert (am besten <2 ng/mL)

Wichtig ist jedoch stets eine umfassende Beratung mit Besprechung der jeweiligen Vor- und Nachteile und unter Beachtung der individuellen Patientensituation sowie der aktuellen PSMA-PET Bildgebung vor Entscheidung zu einem solchen Eingriff.   

Ein Fazit

Das therapeutische Potenzial dieser jungen Methode kann bislang noch nicht abschließend beurteilt werden. Jedoch haben erste Untersuchungen gezeigt, dass bei entsprechend behandelten Patienten der PSA-Wert dauerhaft reduziert werden kann und zahlreiche Patienten auch längere Zeit nach der Operation ohne weitere Therapie ausgekommen.

Bei erneutem Krebsbefall und frühzeitiger Metastasen-Entfernung kann somit gegebenenfalls eine Hormon- oder Strahlentherapie aufgeschoben und in einigen Fällen eventuell sogar vermieden werden – was für die Patienten eine große Erleichterung bedeutet. Allerdings gilt diese Behandlungsmethode des rezidivierten Prostatakarzinoms derzeit als noch experimentell und nicht leitlinienkonform. Onkologische Langzeitdaten auf Grundlage der PSMA-PET bzw. der PSMA-radioguided Surgery fehlen, auch wenn die ersten Ergebnisse sehr positiv sind.

Martini-Klinik

Mit der Gammasonde Metastasen detektieren

Prof. Dr. Tobias Maurer erläutert die PSMA-radioguided Surgery.

8.35 Minuten

Video

PSMA-radioguided Surgery
2016: BR: Eine neue Methode der Prostatakrebsrezidivbehandlung, bei der mit Hilfe von speziell entwickelten Oberflächenmarkern Kleinsttumore lokalisiert und entfernt werden.

Lymphknotenentfernung bei Prostatakrebs
2015 BR: In diesem Videobeitrag wird gezeigt, wie metastasierte Prostatakrebszellen punktgenau lokalisiert und entfernt werden können.

Presse

"Als hätte jemand das Licht eingeschaltet"
2021 / Labor Journal: Prof. Tobias Maurer im Interview über die Funktionsweise der PSMA-PET bei metastasiertem Prostatakrebs.

Metastasen-direktive Therapie beim Prostatakrebsrezidiv
2020 / Urologie: Die PSMA-PET hat sich in den letzten Jahren zunehmend als bildgebende Standarduntersuchung beim biochemischen Rezidiv eines Prostatakarzinoms etabliert.

Experte im Gespräch: PD Dr. Tobias Maurer über Prostatakrebs
2019 / Operation Karriere: PD Dr. Maurer im Gespräch über neueste Behandlungsmethoden wie die PSMA-radioguided Surgery, Fokale Therapie und die roboterassistierte Operation.

Rezidivierendes Prostatakarzinom
2019 / Urologische Nachrichten: Biochemisches Ansprechen und therapiefreies Intervall nach PSMA-radioguided surgery. Erfahrungen nach 198 Patienten.

Moin PD Dr. Tobias Maurer
2019 / UKE-Life: Im Interview mit dem UKE-Patientenmagazin erzählt PD Dr. Tobias Maurer von der von ihm eingeführten neuen Behandlungsmethode und was er an Hamburg so mag.

Die PSMA-"radioguided surgery" beim Prostatakarzinomrezidiv
2018 / Jatros: PD Dr. Tobias Maurer beschreibt in diesem Artikel wie mittels der PSMA-radioguided Surgery bereits kleine metastatische Absiedlungen erkannt und operativ entfernt werden können.

Prostatakrebs Metastasen radioaktiv markieren und entfernen?

Prostatakrebs-Metastasen in umliegenden Lymphknoten sind häufig so klein, dass sie mit herkömmlichen Bildgebungsmethoden wie der MRT oder CT nicht sicher identifiziert und während der Operation gefunden werden können. Für die sogenannte PSMA-radioguided Surgery werden die Prostatakrebszellen radioaktiv markiert, in der Bildgebung sichtbar und während der Operation mithilfe einer Gammasonde detektiert.