Eine Klinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Kontinenz und Potenz nach radikaler Prostatektomie

Was passiert nach der Operation?

Martini-Klinik

Der einliegende Katheter stellt einen Fremdkörper dar, auf den der Organismus unterschiedlich reagieren kann.

Mögliche Beschwerden unter einliegendem Katheter und deren Therapie:

  • Harndrang bei Bedarf blasenberuhigende Medikamente

  • Schmerzen/Brennen in der Harnröhre Schmerzlindernde Gele

  • Beschwerden beim Sitzen weiche Kissen oder Sitzring

  • Urin / Blut neben dem Katheter die Zeit hilft und heilt

 

Die Zeit nach der Katheterentfernung 

Wichtige Tipps:

  1. Ausreichende Trinkmenge (Über den Tag verteilt sollten Sie ca. 1,5 Liter zu sich nehmen)
  2. Keine prophylaktischen Toilettengänge
  3. Aber: Sobald sich die Blase „meldet“ ... nichts wie hin!
  4. Achten Sie auf Ihren Stuhlgang
  5. Halten Sie Ihren Stuhl unbedingt weich.

Aufgrund der Prostataentfernung ändert sich die Anatomie im kleinen Becken und es dauert unterschiedlich lang, bis sich der Körper an die neue Situation gewöhnt hat.

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Kontinenz nach Katheterentfernung

Wenn der einliegende Katheter entfernt wurde, zeigt sich bei ca. 1/3 der Patienten bereits eine gute Kontinenzlage. Urinverlust bei Belastung, häufiger Harndrang oder eine Dranginkontinenz können als mögliche Beschwerden zu Beginn auftreten. Jedoch zeigt sich im Verlauf eine deutliche Beschwerdebesserung. Ein Jahr nach der Operation sehen wir, dass 90 % unserer Patienten unabhängig von der OP-Methode eine zufriedenstellende Kontinenzlage erreicht haben. 

Vergleich ORP und RARP Kontinenz

Formen der Harninkontinenz:

Es gibt verschiedene Inkontinenzformen, die nach der Operation auftreten können. Hier wird die Belastungsinkontinenz von der Dranginkontinenz und einem Mischbild aus Belastungs- und Dranginkontinenz unterschieden und können unterschiedlich behandelt werden.

 

1. Belastungsinkontinenz

Die Belastungsinkontinenz beruht auf einer Schwäche des äußeren Schließmuskels. Der äußere Schließmuskel wird bei der Operation erhalten. Dennoch besteht nach der Operation in einigen Fällen eine Schließmuskelschwäche, die sich u.a. in Form einer Belastungsinkontinenz bemerkbar machen kann.

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Bei der Belastungsinkontinenz können in Abhängigkeit der Ausprägung verschiedene Schwergrade vorliegen:

Grad 1:      Urinverlust beim Husten, Niesen, Pressen, Heben, Tragen schwerer Gegenstände
Grad 2:      Urinverlust beim Gehen oder Aufstehen
Grad 3:      Urinverlust bereits im Liegen

Therapeutisch ist hier die Durchführung eines Beckenbodentrainings mit gezieltem Schließmuskeltraining hilfreich. Die Übungen können im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung oder ambulant bei einem/einer spezialisierten Physiotherapeut:in erlernt werden. Bei Bedarf kann das Kontinenztraining durch Einsatz einer Elektrostimulation oder der Biofeedback-Methode erweitert werden.
 

2. Dranginkontinenz

Die Dranginkontinenz beruht auf einer Überaktivität des Blasenmuskels.  Die Harnblase signalisiert bei nur geringem Füllvolumen, dass ihre Kapazität erreicht ist. Das Harndranggefühl tritt meistens akut auf und kann oft nicht unterdrückt werden, weshalb ein unwillkürlicher Urinverlust die Folge ist. 

 

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Therapeutisch ist hier ebenfalls eine Schließmuskel- und Beckenbodentraining hilfreich. Zudem können blasenberuhigende Medikamente eingesetzt werden. Durch die Einnahme von Anticholinergika (z.B. Trospiumchlorid) oder Sympathomimetika (z.B. Mirabegron) kann die überaktive Blasenmuskulatur gedämpft werden.
 

3. Mischformen

Es gibt auch Mischformen der Inkontinenz, bei der eine Belastungs- und eine Dranginkontinenz vorliegen. Therapeutisch ist eine kombinierte Therapie mit Schließmuskeltraining, Beckenbodentraining und ggf. medikamentöser Therapie mit z.B. Anticholinergika bis zur vollständigen Kontinenzwiederherstellung empfehlenswert.

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Allgemeine Hilfsmittel:

Für die Zeit nach der Katheterentfernung stehen verschiedene Varianten von speziellen Vorlagen zur Verfügung.  In Drogeriemärkten sind speziell für die männliche Anatomie angepasste Vorlagen erhältlich. Je nach Ausprägung der Harninkontinenz können verschiedene Stärkegrade der Vorlagen gewählt werden. Als kurzfristige Hilfsmittel bei ausgeprägter Harninkontinenz können Penisklemmen benutzt werden. Die Klemme sollte allerdings nicht länger als 2,5-3 Stunden am Tag verwendet werden.

Operative Techniken zur Wiederherstellung der Kontinenz:

Sollte eine ausgeprägte Harninkontinenz ein Jahr nach der Operation weiterhin bestehen, stehen verschiedene operative Therapiemöglichkeiten zur Wiederherstellung der Kontinenz zur Verfügung, beispielsweise eine Bandeinlage oder die Implantation eines künstlichen Schließmuskels. 

Potenz nach der Operation

Auch eine nerverhaltende Operation traumatisiert die Erektionsnerven. Aufgrunddessen kommt es zu einer vorübergehenden manchmal auch dauerhaften erektilen Dysfunktion. Die Regeneration des Nervengewebes benötigt Zeit. Auch 2 Jahre nach der Operation konnten noch Verbesserungen der Erektionsfunktion im Rahmen von Studien festgestellt werden.

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Was passiert, wenn Erektionen ausbleiben?

Wenn Erektionen ausbleiben, die Schwellkörper sich also nicht mehr mit Blut füllen, kommt es zu einem Sauerstoffmangel in den Schwellkörpern. Es findet ein Umbau der glatten Muskelzellen zu Bindesgewebszellen in den Schwellkörpern statt. Dieser Vorgang ist irreversibel. Da Bindegwebszellen nicht die Funktionalität wie glatte Muskelzellen haben, entstehen Erektionsstörungen.

Was kann man tun?


Förderung der Schwellkörperdurchblutung/penile Rehabilitation:

1. PDE-5 Hemmer

 

 Avanafil

 Sildenafil

 Vardenafil

 Tadalafil

 Markenname

  Spedra

  Viagra

  Levitra

  Cialis

 Dosierung

50/100/200mg

25/50/100mg

5/10/20mg

5/10/20mg

 Wirkeintritt

 (Minuten)

  15-30

  30-60

  25-60

  60-120

 Wirkdauer

 > 6 Stunden

 4 Stunden

 4 Stunden

36 Stunden

 Nebenwirkungen:

 

 

 

 

 Kopfschmerzen

  5%

  15%

  15%

  14%

 Gesichtsröte

  5%

  14%

  11%

  4%

 Verstopfte Nase

  0%

  5%

  0%

  0%

 Farbsehstörung

  0%

  5%

  0%

  0%





























2. Vakuumpumpen zum Training der Schwellkörper

Der frühe Einsatz von Vakuumpumpen zum regelmäßigen Training der Schwellkörper wird empfohlen. Die Vakuumtherapie kann hier täglich für 20 Minuten ab der 3. postoperativen Woche durchgeführt werden.


3.    SKAT-Therapie

Die Schwelllkörper Autoinjektionstherapie (SKAT-Therapie) kann im weiteren Verlauf zur Förderung der Erektion mit eingesetzt werden. Hier wird das Medikament, meist Alprostadil, direkt in den Schwellkörper gespritzt. Vor der eigenständigen Anwendung sollte eine Dosierungseinstellung durch den/die Urolog:in und ein ausführliches Aufklärungsgespräch über die Nebenwirkungen, insbesondere das Auftreten eines Priapismus erfolgen.
 

4.    Harnröhrengele/-cremes

Eine weitere Möglichkeit zur Erektionsförderung ist die Verwendung von Harnröhrencremes, z.B. vitaros® . Auch hier sollte die Anfangsdosis durch den/die Urolog:in festgelegt werden. Das Präparat sollte nur einmal am Tag (innerhalb von 24 Stunden) und nicht mehr als 2-3 mal pro Woche angewendet werden. 
 

5.    Stoßwellentherapie (Li-ESWT):  
Die Stoßwellentherapie kann ebenfalls im Rahmen der penilen Rehabilitation angewendet werden. Hier werden niedrigenergetische Stoßwellen in das Schwellkörpergewebe eingebracht. Die Stoßwellen regen die Gefäßneubildung an und führen zu einer vermehrten Durchblutung der Schwellkörper. In kleineren Studien hat sich hier eine verkürzte Rehabilitationszeit bis zur Wiederherstellung der Erektion gezeigt. In der Martini-Klinik wird Li-ESWT sowohl im Rahmen von Studien, als auch außerhalb von Studien individuell für den Patienten angeboten.

 

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Penile Rehabilitation:

Therapieschema

•    Start mit Cialis 5mg einmal pro Tag für 12 Wochen (auch Viagra oder andere PDE-5 Inhibitoren, dann aber Dosierung beachten)
•    Training der Schwellkörper mit der Vakuumpumpe ab der 3. Postoperativen Woche. 
•    Falls nach 12 Wochen Erektionen auftreten: Dauermedikation weglassen und nur bei Bedarf einnehmen (ggf. höher dosieren) 
•    Falls nach 12 Wochen keine Erektionen auftreten: Erhöhung der Dosis / Addition anderer Maßnahmen (SKAT, Vakuumpumpe mit Konstriktionsring, ggf. Harnröhrengel)

 

Was kann ich sonst noch tun? Faktoren, die eine Erektionsstörung begünstigen:

Weglassen/Reduktion von Noxen mit negativem Einfluss auf die Potenz
•    Nikotin
•    Übermäßiger Alkoholkonsum
•    Übergewicht
•    Bluthochdruck
•    Diabetes
 
Und was ist gut?
•    Sport treiben, “gesund leben“
•    Den/Die  Partner:in in die Thematik involvieren

 

Weitere Informationen:
 

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Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Gisa Mehring
Oberärztin

Ihre Fragen sind willkommen
info(at)martini-klinik.de